…an der Seidenstrasse - China Teil 9...



Hotan oder Khotan oder Hetian 

Die Stadt war vom 1. bis zum 10. nachchristlichen Jahrhundert die Hauptstadt des Königreiches von Hotan. Heute ist Hotan, eine Oasenstadt und liegt am südlichen Rand der Taklamakan-Wüste. Die Stadt ist eine kleines landwirtschaftliche Zentrum und deshalb ist Hotan auf zwei wasserreiche Flüsse angewiesen, um am Rand der Taklamakan Wüste überleben zu können. Hotan war ein wichtiger Handelsort an der Seidenstraße, speziell Jade und Seide wurde hier gefunden/hergestellt, veredelt und gehandelt. Die Seidenherstellung ist immer noch ein wichtiger Wirtschaftszweig, beschäftigt mehr als tausend Arbeiter und produziert rund 150 Millionen Meter Seide jährlich. Seidenweberei von uigurischen Frauen ist auch eine florierende Heimarbeit, bei der noch nach traditionellen Methoden gearbeitet wird.

Nach der einzigartigen Wüsten-Nacht und einem guten Frühstück ging es wieder zurück in die Zivilisation. Nach einer Stunde erreichten wir Hotan, und konnten nach kleiner Verzögerung einchecken und die Dusche geniessen. In der Wüste war die fehlende Dusche kein Problem, wenn dann aber eine zur Verfügung steht, ist das ein großer Genuss.

Danach ging es quer durch die Stadt zu einer Seiden-Manufaktur. Auf dem Weg kamen wir direkt in den Sonntags-Markt vorbei, ein Bauern-Markt, bei dem hauptsächlich Tiere gehandelt werden. Leider konnten wir nicht aussteigen und dieses Chaos näher betrachten. Aber selbst beim Blick aus dem Fenster konnte man von der Hektik beim Handeln einiges mitbekommen. 

In der kleinen Seiden-Manufaktur wäre dann der komplette Herstellungs-Prozess, von der Kokon-Faden-Abwicklung, der Zwirnung, der Färbung, der Webvorbereitung bis zum Weben am Webstuhl zu sehen gewesen, aber leider waren nicht alle Mitarbeiter da und wir konnten nicht alles in "live" ansehen. Natürlich gab es auch einen gut sortierten Verkaufsraum, wo wir uns mit Seidentüchern und Seidenstoffen ausrüsten konnten. Ich konnte sogar einen Strang fürs Weben vorbereitete Kett-Fäden bekommen und eine Handvoll Kokons gab es auch noch. 

Da die Seidenherstellung zu allen Zeiten eine sehr wichtige Bedeutung hatte, möchte ich kurz auf die Geschichte und die Herstellung etwas näher eingehen Diesen Abschnitt habe ich zum größten Teil dem Buch "Seidenstrasse in China heute" mit freundlicher Genehmigung von H. Christian Munger entnommen.

Laut einer Sage geht die Seideraupenzucht auf die Königin Xi Ling zurück: Unter einem Maulbeerbaum sitzend fiel ihr ein Seiden-Konkon auf den Tisch. Sie spielte damit, fand den Anfang des Fadens und wickelte ihn ab. Da er einzeln zu zart war, drehte sie einige Stücke zusammen und kam auf die Idee, diesen Faden aufzurollen und für die Tuchherstellung zu verwenden.

Die Chinesen stellten fest, dass diese Raupe nur bei ihnen vorkam und hüteten das Geheimnis der Seidenherstellung bei Todesstrafe über Jahrtausende. Seidenstoff wurde weltweit gehandelt und war lange ein Monopol der Chinesen. Es gab Zeiten, da fand Seide als Währung oder Tauschmittel Verwendung. Im antiken Rom wog man Seide gar mit Gold auf. Seide konnten sich ursprünglich nur Könige und reiche Adlige leisten, sie war ein Zeichen von Reichtum. Der Export von Seide stellte ein großes Geschäft dar und brachte riesige Profite.

Die Seidenraupen wurden meist durch Familienbetriebe aufgezogen. Mit der sehr arbeitsintensiven Herstellung befassten sich meist die Frauen. Das Weibchen des Seidenfalters legt vor seinem Absterben hunderte feine gelbe Eier. Das Männchen stirbt schon vorher, gleich nach dem Zeugungsakt (???). Die Lagerung dieser Eier erfordert großes Fingerspitzengefühl. Die Temperatur und ein leichter Luftzug müssen richtig dosiert sein. Die Frauen trugen die Eier in einem Beutel um den Hals und brüteten sie mit der eigenen Körpertemperatur aus.

Die Seidenraupe ist beim Ausschlüpfen ca. 3 mm lang und dünn wie ein Haar. Sie ist feinsinnig und nervös, sagte man im alten China. Die kleinen Tiere fressen ausschließlich die Blätter vom weißen Maulbeerbaumes Morus alba. Täglich müssen 48 Mahlzeiten in winzige Stückchen zerschnitten und gereicht werden. Die Pflegerinnen dürfen weder Ingwer noch Bohnen essen, nichts blähendes oder in Öl gebratenes. Auch Parfüm darf niemals verwendet werden. Die schlechte Ausstrahlung von unfrohen Menschen betrübt die Raupen. Viermal häutet sich die Seidenraupe. Nach der vierten Häutung wird noch mehr gefressen, man hört sie sogar schmatzen. 24 bis 35 Tage nach der Geburt kann die Raupe nicht mehr fressen, sie ist etwa 8 cm lang, fingerdick und gelblich-weiss. Es heißt, sie wiege nun das 8000 -fache ihres anfänglichen Gewichtes.

Dann beginnt die Raupe zu spinnen: sie presst Fäden aus zwei Drüsen am Kopf. Die Fäden bestehen aus Fibroin und werden mit Serizin ummantelt, beide Fäden verkleben zu einem. Mit rotierenden Bewegungen, den Kopf in eine und die andere Richtung schwingend, legt die Raupe achtförmige Schleifen um sich. Sie schafft bis zu 15 m Faden pro Minute und braucht etwa drei Tage und Nächte, bis der Faden in bis zu 300.000 Windungen um ihren Leib liegt. (15m x 60Min x 24Stunden x 3Tage = 64500m, also ungefähr 65km pro Kokon)

Jetzt kommt der brutale Mensch dazwischen und tötet die innen liegende Raupe, bzw. Puppe mit Wasserdampf. Dies muss innerhalb von zwei Wochen geschehen, ansonsten hat sich die Puppe in einen Falter verwandelt und frisst ein Loch in den Kokon. Einige Puppen lässt man am Leben, damit die Verwandlung zum Falter weitergehen kann und die nächste Eiablage gesichert ist.

Die Kokons werden gekocht: dadurch löst sich das Serizin außen herum auf. Dann wird mit Pinseln der Anfang des Fadens gesucht. Der Mensch haspelt den Faden vom Kokon ab. Das mittlere Stück des Fadens, etwa ein Drittel ist glänzende Rohseide von bester Qualität. Der Rest wird zu Bourett-Seide versponnen. Ein fertiger Seidenfaden entsteht durch zwirnen, dazu werden sechs bis 14 einzelne Kokonfäden zu einem Seidenfaden verzwirnt (verdreht). Ein Kilo Seide reicht für einen Pullover, dafür braucht an etwa 1000 Raupen.

Die weitere Verarbeitung hat natürlich auch seine Schwierigkeiten und Geheimnisse. Die Fäden müssen für das Weben vorbereitet und gefärbt werden, bis die einzigartigen Seidenstoffe auf den Webstühlen entstehen können.

Der Sage nach gelangte um 400 n. Chr. das Geheimnis der Seidenherstellung in den Westen. Eine Prinzessin aus der alten Kaiserstadt Changàn (Xian) wurde mit dem König von Hotan verheiratet. Sie wollte nicht auf den Luxus von Seide verzichten und versteckte einige Eier von Seidenraupen und Samen von Maulbeerbäumen in ihrem Haataufbau. In Hotan konnte sich die erste Seidenproduktion außerhalb des alten China entwickeln. Eine weitere Sage berichtet von Mönchen, die im Wanderstock die Seidenraupeneier weiter in den Westen schmuggelten. Über die Handelswege gelangten die Seidenraupen nach Byzanz (Konstantinopel) und man begann am Bosporus mit der Herstellung von Seide. Später entstanden bei Venedig und bei Lyon große Seidenindustrien. !884 wurde das Patent für Kunstseide angemeldet und die Exklusivität der Naturseide verlor nach und nach ihren hohen Marktwert.

Danach fuhren wir in die Altstadt und konnten den Basar erleben. Es war unübersichtlich, laut und eng, es war überwältigend! So einen Markt hatte ich noch nicht gesehen. Es war eine andere Zeit. 

Wir besuchten auch noch eine Jade-Manufaktur und eine Familie, die auf sehr alte und traditionelle Art Papier hergestellt hat. Leider ist der Chef und Oberhaupt der Familie vor kurzen gestorben und nun wird diese Tradition nicht weiter fortgeführt. 

Vor dem Abendessen konnten/sollten wir im Hotel noch eine kleine Pause machen. Warum? Keiner wusste es. Das Abendessen war wie oft, kein Grund zum Erwähnen.

Danach ging ich noch an Mao und einem Uiguren vorbei, in den nahen Volks-Park. Dort gab es für Verkaufsstände für Süssigkeiten und Spielsachen sowie allerlei Kinder-Fahrgeschäfte für die lieben Kleinen. Ein guter frisch gegrillter Hammelspiess und ein kaltes Bier gab es für den Großen. 

Hier geht es zum nächsten Teil: Seidenstrasse - China 2013-10  


Kommentar schreiben

Kommentare: 0